Der Hund wurde - im Gegensatz zu den meisten andere Haustieren - vermutlich nicht seiner physischen, sondern seiner psychischen Eigenschaften vom Menschen domestiziert. Der Mensch erkannte sicher bald einmal, dass der Hund Fähigkeiten besass, die ihm Leistungen ermöglichten, die dem Menschen nützlich sein konnten.
So zogen die Ahnen der Schlittenhunde einst schwere Lasten in bitterkalten Polarwüsten. Sie trotzten Schneestürmen und tiefsten Temperaturen, gediehen unter härtesten Lebensbedingungen und leisteten Grossartiges. Bisweilen dienten sie auch als Helfer bei der Jagd.
Die Vorfahren der nordischen Jagdhunderassen (man geht heute davon aus, dass die Schlittenhunde aus der sogenannten Torfhundgruppe hervorgegangen sind) streiften mit ihrem Besitzer seit jeher durch die unendliche Weite der Taiga und stellten, tollkühn und furchtlos, Bär und Luchs, Elch und Hirsch nach. Kleinere Jagdhunderassen wurden in Nordeuropa und Sibirien für die Jagd auf Federwild eingesetzt. Entsprechendes gilt für die japanischen Spitzrassen. Die Domestikation hat hauptsächlich zu Fell- und Haarformveränderungen geführt und kaum, wie bei anderen Hunderassen, zu Skelettverkürzungen oder - verformungen.
Die Hütehunde ermöglichten den Nomaden in der Tundra Rentiere zu halten, zu züchten und zu pflegen.
Der Mensch schuf sich vierbeinige Helfer, ohne die er vermutlich die arktischen Regionen kaum je zu seiner Wohnstätte gemacht hätte. Die nordischen Hunde wurden von dieser Arbeit und ihrem ureigensten Lebensraum tiefgreifend geprägt.
Ihre Anspruchslosigkeit, ihre physische Härte und Widerstandskraft sind legendär und suchen vergeblich ihresgleichen. Sie sind erfüllt von Arbeitseifer und dem Drang zu laufen, in die Weite zu schweifen, sich zu bewegen.
Ihre fröhliche Schalkhaftigkeit und immerwährende Menschenfreundlichkeit macht sie im allgemeinen zu schlechten Wächtern. Dagegen stempelt sie ihr waches Interesse an den Ereignissen in ihrer Umwelt zu schnellen Jägern. Manche Rassen zeichnen sich durch eine ausgeprägte Jagdpassion aus, welche sie, wie die Rudeleigenschaften, aus der Verwandtschaft mit dem Wolf übernommen haben. Drill, Sturheit und Zwang führen bei ihnen nicht zum Ziel. Inhaltsreiche und abwechslungsreiche Arbeit, auch wenn sie anstrengend ist, scheint ihnen sinnvoll, speziell wenn sie einen wesentlichen Teil der Aufgabe selbständig, ohne viel Dazutun durch den Menschen zu lösen haben.
Der Umstand, dass der nordische Hund einen wesentlichen Teil seiner charakteristischen physischen und psychischen Eigenschaften erst und vor allem durch seine Arbeit offenbart, ist einer der Gründe dafür, dass der Schlittenhundesport seit jeher positiv eingestuft wird, da dieser als die den Schlittenhunderassen angemessene Leistungs- und in gewissem Sinne auch Wesensprüfung darstellt.
Die nordischen Hunderassen wurden jedoch nicht allein in ihrem psychischen Rassebild von der Arbeit und ihrem Lebensraum gezeichnet, auch die physischen Eigenschaften, also die äussere Erscheinungsform, sind in ganz einzigartiger Weise durch diese Faktoren geprägt worden.
Nach wie vor finden wir bei ihnen verschiedene Körpermerkmale, die auch den Ahnen der Haushunde, den Wolf, kennzeichnen. Sie besitzen ein natürliches, innen behaartes Stehohr, einen Doppelmantel, bestehend aus dichter, feiner Unterwolle und hartem, wetterfestem Grannenhaar, sowie eine bewegliche, buschige Rute, mit der sie sich, wenn sie sich zum Schlafen zusammenrollen, die Nase und das Gesicht zudecken, um die Atemluft vorzuwärmen.
Seit Jahrhunderten haben sich diese vierbeinigen Gefährten des Menschen in der Arktis, in Nordeuropa und Nordasien als Zugtiere, Jagdhelfer und Hüter von Rentierherden bewährt. Durch die natürliche Hierarchie, die unter diesen Hunden herrscht, eignen sich diese hervorragend zum Zusammenspannen vor den Schlitten.
Erst in den letzten hundert Jahren hat die öffentlichkeit durch Forscher, die im ewigen Eis übermenschliche Aufgaben erfüllen mussten, auch von den grossen Strapazen erfahren, die für Schlittenhunde alltäglich sind. Als sich im Jahre 1909 der Amerikaner Robert E. Peary mit fünf Schlitten und 40 Gespannhunden auf den Weg zum Nordpol machte, erfuhr die Weltöffentlichkeit erstmals Einzelheiten über die beachtlichen Leistungen der Schlittenhunde.
Zwei Jahre später erreichte der Norweger Roald Amundsen den Südpol. Allein hätte er ihn vermutlich nie erreicht. Seine 116 Grönlandhunde standen ihm und seiner Mannschaft dabei zu Seite.
Amundsen hat später oft davon erzählt, wie schwierig es gewesen sei, die Hunde, die offenbar keine Ahnung von ihren Pflichten hatten, von der Notwendigkeit des disziplinierten Schlittenziehens zu überzeugen. Kaum standen die Tiere nebeneinander im Geschirr und das Kommando zum Start wurde gegeben, betrachteten die Hunde es als eine Aufforderung, sich zu raufen. Es dauerte Stunden, bis die Forscher alle verhedderten Leinen wieder entwirrt hatten. Die Abenteurer wussten, ein "Hundetumult" hätte im ewigen Eis den sicheren Tod bedeutet.
Amundsen achtete sehr darauf, dass die Hunde trotz der schlechten "Pflichtauffassung" nicht mit der Peitsche zum Gehorsam erzogen wurden. Ihm war klar, dass sich kein eingeschüchtertes und verängstigtes Tier in der Eiswüste behaupten kann. Amundsen sprach später seinen Hunden denselben Anteil am Erfolg der Expedition zu wie den Männern.
An dieser Stelle sei die Geschichte um Robert Scott, den britischen Seeoffizier und Südpolforscher, erwähnt. Als ein ganzes Schlittengespann in eine Gletscherspalte gefallen war, liess er sich selbst 60 Fuss tief abseilen, um seine Hunde zu retten. Scott brachte es nicht übers Herz, seine Tiere erst Tausende von Kilometern durch die Eisfelder zu treiben und sie dann in der Gletscherspalte jämmerlich zugrunde gehen zu lassen. Er wusste um die gegenseitige Abhängigkeit zwischen dem Menschen und den Schlittenhunden.
Im Januar 1925 hielt die Welt den Atem an, als in der Stadt Nome in Alaska eine Diphterie-Epidemie ausgebrochen war und kein geeignetes Serum in dieser von Schneemassen verschütteten Stadt zur Verfügung stand. Erst durch Aufrufe über Rundfunk und Presse gelang es, in Amerika eine genügende Menge des Impfstoffs zusammen zu tragen. Am 12. Januar 1925 traf das von einem amerikanischen Gesundheitsamt auf den Weg geschickte Serumpaket, das knapp zehn Kilogramm wog, auf der Bahnstation in Nenana ein. Von dort bis nach Nome aber gab es weder Strassen noch Zugsverbindungen. Mehr als 1000 Kilometer mussten mit Hundeschlitten zurückgelegt werden. Die Welt nahm an diesem Wettlauf gegen den Tod an Rundfunkempfängern teil. Mehrere Männer und ihre Schlittenhunde machten das Unmögliche möglich. Für über 1000 Kilometer hatten sie mit ihren Hundeschlitten nur 128 Stunden gebraucht und damit 127 Menschenleben gerettet. Man muss sich vor Augen führen, dass der Postschlitten, der die Strecke von Nenana nach Nome regelmässig fuhr, etwa 3 Wochen lang unterwegs war. Noch heute findet zur Erinnerung an diese Tat jährlich im Februar ein Schlittenhunderennen auf der 1820 Kilometer langen Strecke von Anchorage nach Nome statt. Dieses Rennen gilt heute als das härteste Rennen für die Schlittenhunde und ist unter dem Namen Iditarod bekannt.
Im Jahre 1957 wagten die Japaner eine Südpolexpedition. 20 erstklassige Akita-Inus zogen die Schlitten. Man hatte diese Hunde ausgewählt, weil sie ihres massigen Körperbaus und ihrer Kraft wegen von den Japanern zu den stärksten Schlittenhunden gezählt werden. Die Expedition musste jedoch aufgrund unvorhersehbarer Witterungsverhältnisse abgebrochen werden. Man war gezwungen, Hunde und Ausrüstung zurückzulassen. Die Fachwelt machte den Forschern wegen der zurückgebliebenen Hunde schwere Vorwürfe.
Als man die Expedition dreieinhalb Jahre später fortsetzte, fand man am früheren Lagerplatz 12 dieser Hunde lebend wieder. Die Tiere verhielten sich so, als ob es keine jahrelange Trennung gegeben hätte. Wie sich durch medizinische Untersuchungen herausstellte, hatten die Hunde als Futter Tiere gerissen, die über Hundert Kilometer vom Lagerplatz entfernt lebten.
Zur Erinnerung an diese unglaubliche Leistung der Hunde ist auf Veranlassung des japanischen Kaisers Hirohito in Tokyo am Tower ein Denkmal errichtet worden. 12 lebensgrosse Akita-Inus aus Bronze hat man in verschiedenen Haltungen nachgebildet.
In den letzten Jahrzehnten haben Hundefreunde aus den gemässigten Regionen der Erde (USA, Kanada, Europa) mit der kontrollierten Reinzucht nordischer Hunderassen begonnen.
Gemäss ihrer Herkunft, ihrer Erscheinung, vor allem aber ihrer ursprünglichen Funktion werden heute mehrere echte nordische Hunderassen unterschieden, die sich in die oben genannten Rassegruppen resp. FCI-Sektionen einteilen lassen.
Die grosse Unabhängigkeit und Selbständigkeit dieser Hunde macht sie zu anspruchsvollen Pfleglingen. Sie verlangen von ihrem Besitzer viel Aufmerksamkeit und Engagement. Eine sportliche Betätigung drängt sich ob des grossen Bewegungsdrangs förmlich auf.
Nordische Hunde eignen sich meist nicht als Gebrauchshunde im üblichen Sinn, können jedoch mit der nötigen Hingabe und einer grossen Portion Durchhaltewillen seitens des Trainers dafür ausgebildet werden.
Unter der Voraussetzung, dass es dem Hund ermöglicht wird, sich ausreichend körperlich zu betätigen, kann die Haltung auch in einer Wohnung verantwortet werden. Im allgemeinen werden diese Tiere jedoch ganz oder teilweise im Freien und zu mehreren gehalten.
© Alaskan-Malamute.ch