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Der Wolf

Der Wolf - klug, anpassungsfähig, zum Tod verurteilt

Als wir uns etwa 300'000 Jahre vor unserer Zeitrechnung auf unsere Hinterbeine stellten, war er schon 100'000 Jahre auf der Erde. Wir schauten uns von ihm ab, was wir zum Überleben brauchten: Jagdmethoden, die Beurteilung der Fährte anderer Tiere, Erfolgsstrategien.

Heute ist er unser Todfeind, denn er kann sechs Geisslein verschlingen, eine Grossmutter und das Mädchen mit dem roten Käppchen noch dazu:

DER WOLF

Grau bzw. schwarz mit einem Körpergewicht von etwa 40 kg, streift er durch die Waldgebiete Nordamerikas. "Timberwolf" nennt man ihn hier. Es gibt aber auch den Mackenzie-Waldwolf oder den Great Plains Wolf, den Alaska-Tundrawolf oder den Nebraskawolf, der sich nur von Büffeln ernährt. Jeder von ihnen sieht ein wenig anders aus. Die Wölfe Kanadas, Alaskas und der GUS sind die grössten. Bis zu 80 kg können sie auf die Waage bringen. Die Wölfe Kanadas, Alaskas und der nördlichen USA tragen ein graubraunes oder schwarzes Fell.

Weiss und an die 45 kg schwer, kurzschnauzig und kurzbeinig, springt er in der arktischen Einsamkeit von Eisscholle zu Eisscholle, der arktische Wolf.

Eher scheue Waldbewohner sind die letzten europäischen Wölfe mit graubraunem Fell, einem Schäferhund gleichend, nur mit kleineren Ohren und einem schlankeren, stromlinienförmigeren Körper.

Die Wölfe der warmen und heisseren Regionen, wie dem Vorderen Orient, sind kleiner und wiegen nur etwa 15 kg. Sie sind braun oder grau.

Für die Grössenunterschiede bei den nördlichen und südlichen Wölfen gibt es einen wichtigen Grund. Im Norden herrscht kälteres Klima. Die Speicherung von Wärme und der Schutz vor dem Abkühlen sind überlebenswichtig. Ein grossvolumiger Körper mit einer relativ kleineren Oberfläche kann Wärme länger speichern. Nördliche Wölfe erfüllen diese Wärmespeichervoraussetzungen mit ihrem grösseren Körper eher als südliche Wölfe.

Der Wolf kennt die Welt, denn er wandert gerne und trifft - heute eher spärlich - immer wieder auf Artgenossen, auch auf solche, die ihm nicht so ähnlich sehen. Neue Familien werden gegründet, neue Varianten entstehen. Manche dieser Varianten oder Rassen sind nur von Experten zu unterscheiden und auch nur dann, wenn das Gebiss genau untersucht und der Schädel vermessen wurde. Andere Rassen kann auch der Laie erkennen, wie den arktischen oder den orientalischen Wolf.

Genetische Untersuchungen haben ergeben, dass es heute etwa 12 Wolfsunterarten oder Rassen gibt, die sich durch Lebensraum, Gebiss, Aussehen, Schädelumfang, Körpergrösse und Gewicht unterscheiden, jedoch nicht in ihren Verhaltensmustern und der Naturgeschichte. Lange Zeit sprachen die Zoologen sogar von zwei Arten von Wölfen: Grauwolf (Canis lupus) und Rotwolf (Canis lupus niger). Zu den Grauwölfen zählen alle Farb- und Körpervarianten von Wölfen, auch die arktischen und die schwarzen Wölfe. Nur im Südosten der USA ist der Rotwolf beheimatet. Doch bis heute ist nicht geklärt, ob es sich beim Rotwolf nicht um eine Kreuzung aus Kojote und Wolf handelt, und so gehen wir hier von einer Art beim Wolf, Canis lupus, aus.

Auch Bezeichnungen wie 'Mähnenwolf', 'Präriewolf', 'Heulwolf' oder 'Buschwolf' stiften Verwirrung. Der Mähnenwolf, zum Beispiel, kommt in Argentinien, Brasilien, Bolivien  und Uruguay vor, sieht wie eine Kreuzung aus Kojote und Rotfuchs aus und ist nur entfernt mit dem Wolf verwandt. Auch der Kojote hat dieses Problem. Er wird als 'Präriewolf', 'Buschwolf' oder 'Heulwolf' bezeichnet. Irrtümlich werden Buschwolf und Kojote sogar als zwei verschiedene Tiere bezeichnet.

Die Geschichte der Wölfe beginnt etwa vor 15 Millionen Jahren, im oberen Miozän. In dieser Zeit entwickelte sich Tomarctus. Es war ein verhältnismässig kleines Raubtier aus dem durch schrittweise Anpassung Wölfe, Füchse, Schakale, Dingos und eine Zahl anderer Verwandter, wie auch der Haushund, entstanden.

Systematisch werden alle Nachfahren von Tomarctus in der Familie der Hundeartigen, Canidae, zusammengefasst. Sie besteht aus 16 Gattungen mit 36 Arten.

Wie keinem anderen Mitglied der Hundefamilie ist es dem Wolf gelungen, die unterschiedlichsten Lebensräume zu besiedeln. Bis zum Beginn der Neuzeit lebte er in ganz Nordamerika, von den arktischen Inseln und Nordgrönland bis weit nach Mexiko hinein. In Eurasien bewohnte er die Regionen von der Polarküste bis in den Süden Indiens, von den Britischen Inseln und der Atlantikküste im Westen, bis zum Pazifik und nach Japan im Osten. Er kam von der baumlosen Tundra im Norden, über die Taiga, den Mischwaldgürtel bis zur Steppe und Wüste vor.

Der Wolf verträgt Meeresklima wie Festlandklima, kommt mit sumpfigen Niederungen ebenso gut zurecht, wie mit dem Hochgebirge. Da er ein Kulturflüchter ist, bevorzugt er menschenleere Regionen. Der Wolf besiedelte einst ein Gebiet von etwa 70 Millionen Quadratkilometern, das entspricht beinahe der Hälfte der gesamten Landfläche der Erde. Anpassungsfähigkeit, Klugheit und Vorsicht sind seine Markenzeichen. Sein Untergang begann mit der grossflächigen Rodung der Wälder, dem damit verbundenen Rückgang von Beutetieren und schliesslich der beispiellosen Verfolgung durch den Menschen, an dessen Weidetieren sich der Wolf vergriff.

Der heutige Haushund ist nachweislich ein domestizierter Wolf. Doch die Haushunde unterscheiden sich so stark von den Wölfen, dass man sie wissenschaftlich unter der Art Haushund (Canis lupus familiaris) einordnet.

Der Wolfsforscher Erik Zimen nimmt an, dass noch vor dem Lamm und dem Rind der Wolf der Erste war, den der Mensch zum Haustier machte. Vor etwa 15000 Jahren, am Rande des Eises, so vermutet er, gelang es dem Menschen, einer Wölfin ein paar Junge zu stehlen und diese zu domestizieren.

Wolfrudel

Warum aber fiel die Wahl des Menschen auf der Suche nach einem Haustier und Jagdbegleiter ausgerechnet auf den Wolf und nicht auf eine andere Hundeart, wie dem Fuchs oder dem Kojoten ? Unter den Hundearten ist der Wolf der grösste und gehört zu den schnellsten, kräftigsten und geschicktesten Jägern. Er riecht auf 2 Kilometern einen Elch und hört auf 10 bis 15 Kilometern den Schlag der Hufe. Der Wolf besitzt die typische langbeinige Statur eines Läufers; er ist ein Zehengänger, belastet aber in schnellem Lauf auch andere Teile des Fusses. Geschwindigkeiten von 60 bis 70 Kilometern in der Stunde sind bei dieser Anatomie möglich. Nicht nur auf ebenem Gelände, sondern auch in felsigem und bewachsenem Terrain oder bei hohem Schnee hat der Wolf durch die Anatomie seiner Beine - nach innen gerichtete Kniegelenke und nach aussen gestellte Pfoten - die Möglichkeit, eine schmale Spur zu setzen. Damit ist er auch in unwegsamem Gelände schnell und sicher.

Die interessanteste Eigenschaft des Wolfs wird für den ersten Wolfsbesitzer allerdings darin bestanden haben, dass er sich mit ihm verständigen konnte. Dazu gehört, dass der Wolf, wie der Mensch, gesellig ist. Seine Stärke liegt im Familienverband. Wenn man aber miteinander leben will, muss man sich auch verständigen können. Die Kommunikation im Wolfsrudel funktioniert über ein ausdrucksvolles Minenspiel, Körpersignale, Geruchsinformationen und Lautäusserungen. Ein Wolf kann aber auch nur durch Bewegungen der Stirn-, Mund- und Ohrenmuskulatur sowie der Augen ganz genau vermitteln, wie er sich fühlt und was er will, und seine Artgenossen können entsprechend reagieren. Der Mensch hat ein ähnliches Minenspiel und eine ähnliche Körpersprache. Damit war der Grundstein für ein 'Verstehen' zwischen Mensch und Wolf gelegt.

Nicht nur das Minenspiel und die Körpersprache rufen beim Menschen Reaktionen hervor, sondern auch die Laute des Wolfs. Ganz intuitiv bringen wir das bedrohliche Knurren oder das hilfesuchende Winseln in zwei verschiedenen Gefühlskategorien unter.

Die Dienstbarmachung eines wilden Tieres zeigte beim Wolf, dank all dieser Grundvoraussetzungen, zum ersten Mal in der Geschichte des Menschen Erfolg und nur wenige Gemeinsamkeiten sind dem Haushund und seinem Stammvater geblieben: Die Länge der Tragzeit, der Haarwechsel im Frühling und die Ausbildung eines Winterfells sowie die Reihenfolge, mit der die ersten Zähne erscheinen.

Die Verbindung mit dem Menschen hatte für den Wolf nicht nur positive Auswirkungen. So verlor der Hauswolf unter der Obhut des Menschen 30% seines Gehirnvolumens und wurde zum eifrigen, willigen, untertänigen Jagdhund umfunktioniert. Der Mensch hat aus dem intelligenten Wolf einen dummen Hund gemacht.

Wölfe sind klüger als Haushunde. Sie begreifen zum Beispiel sehr schnell, wie man durch das Drehen eines Knopfs eine Tür öffnet. Ein Wolf kann das aufgrund eigener Erfahrungen lernen, aber auch - und das ist die den Hund bei weitem übertreffende Intelligenz - nur durch das Beobachten von Menschen. Wölfe haben die Fähigkeit zum einsichtigen Verhalten, das heisst, sie können auch komplizierte Zusammenhänge durchschauen.

Neben der Intelligenz gibt es noch weitere Unterschiede zwischen Wolf und Hund. Besonders auffällig sind die unzähligen Hunderassen vom Pinscher bis zum Bernhardiner. Selbst Hunderassen wie der Schäferhund, die ihren Vorfahren noch ähnlich sehen, haben im Gegensatz zu den Wölfen keine Duftdrüsen an der Schwanzwurzel, die Pfoten sind kleiner, während die Gliedmassen des Wolfes als etwas zu gross erscheinen. Der Hund hat kleinere Zähne, eine kürzere Schnauze und eine breitere Stirn. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Wolf und Hund liegt in der Auswahl seiner Gefährten: Der Hund bevorzugt den Menschen, der Wolf will unter Wölfen sein. Doch der in einem Wolfsrudel anzutreffende Hierachiegedanke ist dem Hund noch zu eigen. Der Chef des Haushundes ist sein Besitzer. Der Chef im Rudel ist der kräftigste Wolfsrüde mit den besten Eigenschaften, der Alpha-Rüde. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist, dass Hunde zweimal im Jahr Junge werfen, der Wolf nur einmal.

Das Alpha-Männchen, der Alpha-Rüde, paart sich mit dem Alpha-Weibchen im Rudel, einer bevorzugten Dame, deren gemeinsame Welpen dann im Rudel grossgezogen werden. Die anderen Mitglieder des Rudels paaren sich in der Regel nicht und bekommen auch keinen Nachwuchs. Bereits im ersten Lebensjahr erreichen Wölfe ihre endgültige Körpergrösse. Viele sind im Herbst des ersten Jahres so schwer wie ein ausgewachsenes Tier. Das schnelle Wachstum und das damit verbundene rasche Erlernen des gesamten Verhaltensrepertoires hat seinen Sinn. Der nahende Winter verlangt Kraft und Ausdauer von den Nachkommen. Vor allem die Wölfe des Nordens müssen dem Schnee und Eis entfliehen und lange Wanderungen auf sich nehmen. Wären die Jungen noch zu klein, würden sie die langen Wanderungen in gemässigtere Regionen kaum durchhalten. In manchen Gebieten Nordkanadas und Alaskas müssen die Wölfe den wandernden Karibuherden folgen, die ihre Hauptnahrungsquelle sind. 450 Kilometer und mehr werden von den Rudeln zurückgelegt. Wölfe wandern nur nachts und können dann auf der Suche nach Nahrung 20 bis 50 Kilometer in lockerem Trab zurücklegen.

Mensch und Wolf hatten ursprünglich einen ähnlichen sozialen Verband. "Beide durchstreiften im Familienverband als räuberische Horde das Land", so sagt David Mech, der grosse amerikanische Wolfsforscher. Sicher schaute der Mensch auch vom Wolf ab, wie man den konzentrischen Flug des Kolkraben deutete. Wo er seine Kreise zog, verweste mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Tierkadaver oder Wölfe hatten ihn sogar erst vor kurzem geschlagen und der Mensch konnte sich mit dem Faustkeil am Mahl beteiligen. Vom Wolf hat der Mensch gelernt, dass Hirsche und Rehe scharfe Hufe haben und dass der Stoss eines mächtigen Geweihs tödlich sein kann. Er sah die Gefahren von Ferne, ebenso wie die vielen erfolglosen Jagdversuche und zog seine Lehren daraus. Der Mensch machte sich den Wolf untertan, veränderte und verbesserte seine Jagdmethoden, der Wolf nicht.

Die Erfolgsquote des Wolfs liegt bei 4.6%. Der Mensch übertraf ihn rasch in der Jagdmethode aber auch in Sinn und Zweck der Jagd. Seit Generationen müssen wir nicht mehr jagen, um zu überleben. Die Trophäenjagd, die sinnlose Befriedigung eines alten Triebs, ist heute in den meisten Kulturen das Jagdziel.

Die Konkurrenz mit dem ehemaligen "Lehrmeister" begann, als der Mensch sein Revier nicht mehr mit Duftnoten wie der Wolf markierte, sondern mit Zäunen, um darin Gräser anzubauen, Tiere zu halten und immer mehr Kinder grosszuziehen. Weil aber der Wolf immer nur das tat, was er schon immer getan hatte, nämlich jagen, auch die mühsam aufgezogenen Schafe, begann der Mensch, ihn zu hassen und zu verfolgen.

Trotz der engen Bindung des Menschen zum Hund löst dessen wilder Vorfahre beim Menschen Angst, gleichzeitig aber auch nachhaltige Faszination aus. Für viele Naturvölker blieb der Wolf der Inbegriff des Guten, ein Teil der Natur, ein Bruder, ihr Urvater. Für die Bauern des Mittelalters wurde er zum Geschöpf böser Dämonen oder des Teufels, zum blutrünstigen Killer und schliesslich zum Mittelpunkt vieler Sagen und Mythen, die bis heute lebendig sind.

Psychologen sprechen davon, dass der Mensch den Wolf nicht nur als Nahrungskonkurrenten jagte, sondern auch als Symbol für seine eigenen, negativen Wünsche und Gefühle. Der Mensch hat für seine eigenen Fehler und Schwächen, für seine eigenen Taten immer nach einem Sündenbock gesucht. Was die Punkte Blutrünstigkeit und Hinterhältigkeit betrifft, wurde hier der Wolf zum Projektionsobjekt auserwählt. Jahrtausende bestanden diese Projektionen, gepaart mit der Wut, ständig Weidevieh an ihn zu verlieren, bis der Wolf in den meisten Regionen der Erde ausgerottet war. Das Kopfgeld hatte seine Wirkung getan.

Heute will man dem Wolf wieder eine Chance geben, doch die uralten und tief in uns verwurzelten Projektionen, die uns Menschen oft nicht einmal bewusst sind, verhindern eine objektive Beurteilung des Lebewesens Wolf, seines Nutzens und seiner überlebensproblematik. Die unerklärlichen Hass- und Angstgefühle des Menschen diesem Tier gegenüber lassen sich nur schwer ändern und in eine neue Gefühlsrichtung umpolen

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